Antworten zu Fragen über das Mensa- und Hörsaalgebäude

 

1.

Es ist das erste Hochschulgebäude, das wir realisieren werden.

Wir haben bereits durch Wettbewerbsbeiträge uns intensiv mit Aufgaben wie Universitätsbibliotheken, Hörsaalkomplexe und Institutsgebäude auseinandergesetzt.

In Berlin hat unser Büro ein Wohnheim für 310 Studenten nach einem Wettbewerbserfolg 1994 realisiert.

2.

Basierend auf den Wettbewerbsbeitrag des Kollegen Prof. Marian Fikus aus Poznan ist das städtebauliche Konzept der „Stadtuniversität“ entstanden. Die weitere Entwicklung der Viadrina wird sich rund um den zukünftigen Universitätsplatz, der westlich unseres Hörsaal – und Mensagebäudes angelegt wird, abspielen. Die Universität ist also Teil der Innenstadt von Frankfurt, entwickelt sich aber in Richtung Oder und bezieht so den Fluß in den Campus mit ein, sie öffnet sich in Richtung Osten. Diese Entwicklung ist sicherlich auch in unserer Gebäudekonzeption abzulesen, indem das Erdgeschoß sich als großer transparenter Raum darstellt, der sich in West – Ostrichtung öffnet.

Die Besonderheit der Viadrina aus baulicher Sicht ist sicherlich dieser Charakter der Stadtuniversität, den wir in dieser Ausprägung nur noch aus Eichstätt kennen, wo sich die 1959 gegründete Katholische Universität fast ausschließlich innerhalb der barocken Altstadt entwickelt hat, und heute zu einer der begehrtesten Hochschulen in Deutschland gehört.

3.

Neben allen künstlerischen Intentionen eines Architekten sind immer die funktionalen und finanziellen Vorgaben des Bauherrn ein wesentliches Entwurfskriterium.

Unser Ziel bei der Planung einer Bauaufgabe ist es , trotz komplexer Raumprogramme, lesbare Gebäudeformen zu finden, wobei wir davon ausgehen, daß sich Idendität durch Verstehen der Struktur einstellen wird. Konkret bedeutet das, daß wenn die Studenten und Professoren das Foyer des neuen Gebäudes betreten, sie alle Bereiche wie Mensa, Cafeteria, Hörsäle und Seminarräume schnell erfassen können, da sie sich rund um das Atrium gruppieren. Zwei große Freitreppen erschließen die Empore innerhalb des Atriums, von wo alle Hörsäle erschlossen werden. Neben der einfachen und übersichtlichen Gebäudekonzeption ist der Umgang mit Tageslicht ein besonderes Anliegen unseres Entwurfes. Alle Räume, auch die Hörsäle, bekommen Fenster oder Oberlichter. Unsere Erfahrung zeigt uns, daß noch immer viele Vorlesungen bei Tageslicht abgehalten werden können. Das subjektive Wohlbefinden der Menschen ist ebenso von der natürlichen Belichtung wie vom Raumklima abhängig.

4.

Die oben beschriebenen Entwurfsansätze lassen sich in allen unserer Gebäude wiederfinden. Das Besondere dieses Gebäudes ist der Genius loci. Wir reagieren durch die Ausformung der Baukörper auf die Grundstückssituation zwischen „städtischer“ Logenstraße und „dörflicher“ Fischerstraße, zwischen „städtischem“ Universitätsplatz und „landschaflichem“ Oderufer. Für die Fassade haben wir einen roten Ziegelstein gewählt, wie man ihn in Frankfurt häufig antreffen kann, für die Fenster sind naturbelassene Holzrahmen vorgesehen.

Zur Frage der Nutzerbeteiligung während eines Wettbewerbsverfahren ist zu sagen, daß es sich um einen anonymen international ausgeschriebenen Wettbewrb handelte, wo jede Kontaktaufnahme mit dem Bauherrn oder Nutzern ausgeschlossen wird. Die Broschüre zur Wettbewerbsausschreibung, die durch das Büro Achatzi und dem Landesbauamt Frankfurt (Oder) erstellt wurde, hat uns hervorragende Informationen zur Europa – Universität und zur Bauaufgabe vermittelt.

5.

Selbstverständlich ist die emotionale Bindung an ein Projekt das im Wettbewerb einer europäischen Konkurrenz prämiert wurde besonders groß. Während des Planungsprozesses seit gut zwei Jahren haben wir immer die hervorragende Unterstützung durch den Rektor, Herrn Prof. Weiler erfahren, so daß der Entwurf nie in die Gefahr geriet durch Änderungen verwässert zu werden. Unser erster Entwurfsgedanke hat sich als so Tragfähig herausgestellt, daß er ohne Abstriche in der Gestaltung zur Ausführung kommt.

6.

Als Architekt hat man keinen Einfluß auf die Haushaltslage eines Bauherrn, sind die Gebäudekennzahlen erfüllt, ist somit die wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens nachgewiesen und durch die Kostenberechnung überprüft, endet die Kompetenz des Architekten. Danach bleibt uns nur die etwas irrationale Hoffnung, die Politiker durch die Qualität unserer Arbeit von der Notwendigkeit der Realisierung überzeugt zu haben. Bis heute ist jeder prämierte Wettbewerbsbeitrag unseres Büros auch von uns realisiert worden – wir waren also ganz guter Dinge.

Wir wünschen uns, daß das Gebäude als der öffentliche Raum in der Universität von allen Bürgern der Stadt angenommen wird, und so das lichtdurchflutete Atrium eine gewisse Urbanität bekommt, damit es zum Treffpunkt auch außerhalb der Vorlesungs – und Mensaöffnungszeiten werden kann. Es wird sehr viel von der Flexibilität des Studentenwerkes abhängen, ob die west – östliche Transparenz der Erdgeschoßebene durch großzügige Öffnungszeiten und durch vielfältige abendliche Veranstaltungen erfahrbar sein wird.